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- Begriffslehre für die Oberklasse -                                              Inhalt

II. Urteil

§ 11

Das Urteil ist die Darstellung eines Gegenstandes in den unterschiedenen Momenten des Begriffs.
Es enthält denselben
a) in der Bestimmung der Einzelheit als Subjekt,
b) seine Bestimmung der Allgemeinheit oder sein Prädikat, wobei jedoch auch das Subjekt zum Prädikat sich wie Einzelheit zur Besonderheit und wie Besonderheit zur Allgemeinheit verhalten kann;
c) die einfache, inhaltslose Beziehung des Prädikates auf das Subjekt, das Ist, ist die Kopula.

§ 12

Vom Urteil ist der Satz zu unterscheiden, in welchem von einem Subjekte etwas ganz Einzelnes, Geschehenes ausgesagt wird oder auch wie in den allgemeinen Sätzen etwas, mit welchem es nach der Notwendigkeit zusammenhängt, zu dem es wird und sich wesentlich als Entgegengesetztes verhält.
Weil im Begriff die Momente als in einer Einheit befaßt sind, so ist auch im Urteil als der Darstellung des Begriffs zwar Bestimmung, aber nicht als Werden oder Entgegensetzung. Die niedrigere Bestimmung, das Subjekt, erhebt sich zu der von ihr verschiedenen Allgemeinheit, dem Prädikat, oder ist unmittelbar dasselbe.

§ 13

In der Logik wird das Urteil seiner reinen Form nach betrachtet, ohne Rücksicht auf irgendeinen bestimmten, empirischen Inhalt. Die Urteile unterscheiden sich durch das Verhalten, welches das Subjekt und das Prädikat in der Rücksicht zueinander hat, inwiefern ihre Beziehung durch und in dem Begriff oder eine Beziehung der Gegenständlichkeit auf den Begriff ist.
Von der Art dieser Beziehung hängt die höhere oder absolute Wahrheit des Urteils ab.
Die Wahrheit ist Übereinstimmung des Begriffs mit seiner Gegenständlichkeit.
Im Urteil fängt diese Darstellung des Begriffs und seiner Gegenständlichkeit, somit das Gebiet der Wahrheit an.

§ 14

Indem das Urteil die Darstellung eines Gegenstandes in den verschiedenen Momenten des Begriffs ist, so ist es umgekehrt die Darstellung des Begriffs in seinem Dasein, nicht sowohl wegen des bestimmten Inhalts, den die Begriffsmomente haben, als weil sie im Urteil aus ihrer Einheit treten.
Wie das ganze Urteil den Begriff in seinem Dasein darstellt, so wird dieser Unterschied auch wieder zur Form des Urteils selbst. Das Subjekt ist der Gegenstand und das Prädikat die Allgemeinheit desselben, welches ihn als Begriff ausdrücken soll.
Die Bewegung des Urteils durch seine verschiedenen Arten hindurch erhebt diese Allgemeinheit in die höhere Stufe, worin sie dem Begriff so entsprechend wird, als sie überhaupt sein kann, insofern sie überhaupt Prädikat ist.

 

A. Qualität der Urteile oder Urteile der Inhärenz

§ 15

Unmittelbar ist in dem Urteil das Prädikat eine Eigenschaft, die dem Subjekt so zukommt, daß sie zwar als Allgemeines überhaupt sich zu ihm verhält, aber zugleich nur ein bestimmtes Dasein desselben ist, wie es deren mehrere Bestimmtheiten hat.
Allgemeinheit, das Prädikat, hat hier nur die Bedeutung einer unmittelbaren (oder sinnlichen) Allgemeinheit und der bloßen Gemeinschaftlichkeit mit anderen.

§ 16

Im qualitativen Urteil ist das Prädikat sowohl etwas Allgemeines, welche Seite die Form des Urteils ausmacht, als eine bestimmte Qualität des Subjekts, welche als Inhalt erscheint.
Nach jener Seite heißt das Urteil seiner reinen Form nach: das Einzelne ist ein Allgemeines;
nach dieser, der Seite des Inhalts: das Einzelne ist so bestimmt; - positives Urteil überhaupt.

(Dies ist gut; dies ist schlecht; diese Rose ist rot; diese Rose ist weiß usf.)

§ 17

Weil
1. das Einzelne ebensosehr nicht allgemein ist und
2. das Subjekt nicht nur diese Bestimmtheit hat, so muß das qualitative Urteil in beiden Rücksichten auch negativ ausgesprochen werden; negatives Urteil.

(Dies ist nicht schlecht; dies ist nicht gut; diese Rose ist nicht rot, sondern weiß, gelb usf.; diese Rose ist nicht weiß, sondern rot usf.)

§ 18

Der Form nach heißt daher dieses Urteil: das Einzelne ist nicht ein Allgemeines, sondern ein Besonderes;
dem Inhalt nach: das Einzelne ist nicht so, sondern zunächst anders bestimmt.
In beiden Rücksichten ist dieses negative Urteil zugleich auch positiv.
In der ersten Rücksicht ist die Negation nur die Beschränkung der Allgemeinheit zur Besonderheit;
in der andern Rücksicht ist nur irgendeine Bestimmtheit negiert, und durch diese Negation tritt die Allgemeinheit oder die höhere Sphäre derselben hervor.

§ 19

Endlich ist
1. der Form nach das Einzelne auch nicht ein Besonderes - denn die Besonderheit ist weiter als die Einzelheit -,
sondern das Einzelne ist nur das Einzelne; identisches Urteil.

Umgekehrt ist
2. dem Inhalte nach das Subjekt nicht nur diese Bestimmtheit, aber auch nicht bloß irgendeine andere.
Ein solcher Inhalt ist zu eingeschränkt für das Subjekt. Durch diese Negation der Bestimmtheit wird die ganze Sphäre des Prädikats und die positive Beziehung, welche im vorhergehenden negativen Urteil noch statthatte, aufgehoben; unendliches Urteil.

§ 20

Jenes identische sowohl als das unendliche Urteil sind nicht mehr Urteile.
Dies hat näher die Bedeutung, daß das im qualitativen Urteil stattfindende Verhältnis des Subjekts und Prädikats sich aufgehoben hat, daß nämlich von dem Subjekt nur irgendeine unmittelbare Bestimmtheit seines Daseins, der nur eine oberflächliche Allgemeinheit zukommt, ausgesagt wird.
Im unendlichen Urteil ist eine Allgemeinheit gefordert, die nicht nur eine einzelne Bestimmtheit ist.
Jenes identische Urteil enthält, daß das Subjekt an und für sich bestimmt ist und in seiner Bestimmung in sich zurückgekehrt sei.

§ 21

Im identischen und unendlichen Urteil ist das Verhältnis von Subjekt und Prädikat aufgehoben.
Dies ist zunächst als diejenige Seite des Urteils zu nehmen, nach welcher Subjekt und Prädikat mit Abstraktion von ihrem Unterschied durch die Kopula, als in einer Beziehung der Gleichheit stehend, betrachtet werden können.
In dieser Rücksicht kann das positive Urteil umgekehrt werden, insofern das Prädikat nur in der Bedeutung des mit dem Subjekt identischen Umfanges genommen wird.

§ 22

Das negative Urteil enthält die Trennung einer Bestimmtheit und eines Subjekts so, daß jedoch das Subjekt auf die allgemeine, nicht ausgedrückte Sphäre der Bestimmtheit positiv bezogen ist.
Indem das negierte Prädikat zum Subjekt gemacht wird, fällt von selbst jene allgemeine Sphäre hinweg, und es ist nur überhaupt die Ungleichheit zweier Bestimmungen vorhanden, von welchen es insofern gleichgültig ist, welche zum Subjekt oder welche zum Prädikat gemacht wird. Das negative Urteil kann daher, so wie ohnehin auch das identische, umgekehrt werden.

                    

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